Wie sind wir nur hier hergekommen? Im albanischen Bergdorf Vasjar steht unser Wohnmobil in einer engen Gasse, wir brüten in der Hitze und erleben das Dorfleben aus nächster Nähe.
Inhalt
Nach dem Fest ist vor dem Fest
Am Vorabend durften wir einem echt-albanischen Dorf-Fest beiwohnen. Die Nacht war laut, und an Schlaf war großteils nicht zu denken. Aber so ging es nicht nur uns, und so wird der nächste Tag im Bergdorf recht ruhig.
Olyas Mutter hat heute Geburtstag, doch vorerst ist an Feier nicht zu denken: Olyas Schwester sollte zum Geburtstag ebenfalls ankommen, ist mit ihrem Freund und dessen PKW aber irgendwo in Albanien verschwunden. Die jungen Leute wollten unterwegs bei McDonald’s essen. In Albanien. Da kann man nur „Viel Glück!“ wünschen. Dass die Suche erfolglos enden würde, bemerken die beiden dann doch irgendwann, und kommen dann – mit nur eineinhalb Tagen Verspätung in Vasjar an.

Die Freude bei Olyas Mum und Verwandten ist groß, und das muss entsprechend gefeiert werden. Und so muss schon wieder ein Hammel dran glauben. Da gehen wir nur kurz mal ins Wohnmobil, und als wir zurückkehren liegt schon wieder ein Tierkadaver in der großen Küche, der für den Abend vorgesehen ist.

Auch an den Beilagen wird schon wieder nach Kräften gearbeitet.
Einfach, glücklich und zufrieden im Bergdorf leben
Wir besuchen die Verwandtschaft. Es ist unglaublich, in welchen einfachen Verhältnissen Menschen heute noch wohnen. Fatos‘ Eltern leben auf engstem Raum mit ihren Tieren und arbeiten – obwohl bereits über 80 Jahre alt – immer noch hart. Doch das scheint fit zu halten, und vor allem Sinn zu stiften. Die beiden wirken glücklich, und führen uns Stolz auf ihrem Anwesen herum.
Im Korridor steht ein etwas größerer Gaskocher – das ist die gesamte Küchenausstattung.

Links davon das Wohnzimmer, rechts das Schlafzimmer, wo unter anderem auch Zwiebel und Kartoffeln gelagert werden.
Schon wieder ein Fest im Bergdorf!
Die Gratulationen beginnen, und die große Tafel wird gedeckt. Zwar ist diesmal nicht das ganze Bergdorf mit dabei, doch auch die nähere Verwandtschaft füllt den Gastraum der lokalen Bar ganz gut.
Mein Instax-Printer kommt gut an, und ich betätige mich als Event-Fotograf.
Krank? Verletzt? Kein Problem.
Soll niemand sagen, dass es hier im Bergdorf keine Infrastruktur. Direkt hinter unserem Camper steht eine Hütte. Ein Blick durchs Fenster zeigt Medikamentendosen, Verbandszeug, Schere. Eine Liege und ein Tisch. Es handelt sich um das „Krankenhaus“, so wird es zumindest übersetzt. Wenn jemand Hilfe benötigt, dauert es zu lange, auf Unterstützung aus einer großen Stadt zu warten. Man hilft sich erstmal selbst.

Fotowalk über Vasjar

Als uns das Getue um uns etwas viel wird, machen wir mit Olyas Schwester und ihrem Freund einen Fotowalk. Ein Schotterweg führt uns von Vasjar hinauf in die Berge, vorbei an verfallenen Steinhäusern und bewohnten Hütten.
Die Damen posieren gerade für Bilder, als ein Auto an uns vorbeifahren möchte.

Damit hätten wir hier eigentlich nicht mehr gerechnet, die Straße sah nicht Auto-tauglich aus. Wir verneinen dankend die Frage, ob wir mitfahren wollen. Wir gehen wirklich absichtlich zu Fuß, seltsame Mitteleuropäer tun sowas. Sagen wir nicht.
Bewirtung im Bergdorf
Gastfreundlichkeit wird hier generell groß geschrieben. Ständig sollen wir in der Küche sitzen, etwas trinken, essen, uns unterhalten. Letzteres ist mangels gemeinsamer Sprache nicht so einfach. Am Besten funktioniert es noch mit den Teilen der Verwandtschaft, die in Griechenland leben. Wir werfen uns brockenweise Touristen-Griechisch zu, was für viel ehrlich-erfreute Belustigung sorgt.
Natürlich wird uns auch angeboten, in einem „richtigen Bett“ zu schlafen. Wir müssen nicht in unserem „Auto“ schlafen. Dass wir das aber wollen, wird zwar akzeptiert, aber nicht verstanden.
Wenn wir stundenweise in den Camper verschwinden, um einfach mal etwas Ruhe zu genießen, werden wir nach unserer Rückkehr immer zur Rechtfertigung aufgefordert: Wo wart ihr denn? Alle warten schon auf euch, wir essen jetzt eine Kleinigkeit!
„Äh…wir haben vor 2 Stunden Mittaggegessen“
„Jaja, das war ja nichts. Und es gibt jetzt auch nur eine Kleinigkeit. Später gibt es Abendessen“.
Versteh mich nicht falsch. Ich weiß die Gastfreundschaft wirklich zu schätzen. Das Erlebnis ist toll, und wir fühlen uns wohl. Aber wir sind keine sonderlich extrovertierten Plappermäuler, die sich ständig mit Menschen umgeben wollen, oder können. Wir brauchen unserer Ruhezeiten für uns selbst. Ich brauche es, alleine mit einem Buch irgendwo zu sitzen, mit der Kamera unterwegs zu sein oder mit dem Laptop am womoguide zu Arbeiten. Nun haben wir aber drei Tage lang kaum eine Minute für uns selbst, außer, wir erzwingen das, indem wir trotz Einwänden ins Wohnmobil verschwinden, was uns dann wieder schlechtes Gewissen beschert. Wir merken einfach, dass wir noch zu erholungsbedürftig sind, um hier noch länger zu bleiben.
Abreise nach Gjirokaster
Wir frühstücken noch einmal in Vasjar, und müssen dann vor der Abreise eine Reihe von Einladungen antreten. Olyas Mutter und ihre Lebensgefährte fahren mit uns mit, auch sie wollen an die Küste fahren. So werden die Rücksitze unseres Wohnmobils endlich mal eingeweiht.
Erstmal rollen wir nur den Berg hinab. Kaum im Tal angekommen, müssen wir schon wieder auf einen wilden Schotterweg abbiegen. Verunsichert, frage ich Fatos, ob er sich denn sicher ist, dass wir hier auch durchkommen. Immerhin ragen die groben Steinbauern links und rechts weit in die Straße, auch die Telegraphenkabel über der Straße hängen verdächtig tief.
„Ja ja, kein Problem. Mein Cousin fährt hier immer mit seinem LKW, der ist ja viel größer“. Ja gut, der macht sich auch aus Beulen und Kratzern an seinem LKW aus den 70ern nicht soviel, wie wir spießigen Mitteleuropäer. Egal, weiter geht’s. Ein-, zweimal steigt Fatos aus, um nachzusehen, ob sich das mit der Höhe wirklich ausgeht. Ganz geheuer ist es ihm offensichtlich doch nicht. Doch wir kommen schließlich unbeschadet bei den Verwandten an. Wieder werden wir ins Haus gebeten, sitzen im Wohnzimmer, können kein Wort wechseln, und bedanken uns für das aufgebotene Mahl mit Händen und Füßen. Wir hatten ja gerade erst gefrühstückt, und so können wir nun nicht wirklich essen.

Also bekommen wir kurzerhand Trauben, Feigen, gebratenes Huhn und eine Art Fladenbrot in großen Mengen überreicht. Wirklich nett!
Wir fahren auf der gut ausgebauten SH4 weiter über Tepelenje bis nach Gjirokaster, doch dazu mehr im nächsten Artikel.
wow das klingt nach einer super reise! ich bin gespannt wie es für uns nächstes jahr wird 🙂