Wohnmobile sind in Europa fast immer Dieselfahrzeuge. Dass Dieselmotoren nicht gerade umweltfreundlich sind, steht mittlerweile außer Frage. Kann das Reisen mit dem Wohnmobil trotzdem nachhaltig sein? Sind Wohmobilfahrer per se Umweltsünder? Wäre es vernünftiger, auf Flugzeug und Hotel umzusteigen? Nachhaltig Reisen mit dem Wohnmobil, wie geht das?
Inhalt
Das Dieselproblem der Wohnmobile
Europaweit werden Verbote von Verbrennungsmotoren diskutiert oder sind bereits konkret beschlossen. Der massive Anstieg des Individualverkehrs zwingt den Gesetzgeber zu Reaktionen. Insbesondere Dieselmotoren bekommen die Hauptschuld zugeschoben – und ohne Frage ist Diesel nicht unproblematisch.
Wohnmobile sind nun aber, zumindest in Europa, fast immer Dieselfahrzeuge. Bedeutet dies also, dass Wohnmobile immer auch Umweltverschmutzer sind?
Glücklicherweise nicht!
Warum Wohnmobile trotzdem keine Umweltverschmutzer sind
Laut einer Studie des Öko-Instituts Freiburg ist das Reisen mit dem Wohnmobil im Vergleich mit Hotelaufenthalten durchaus umweltschonend. Nun mag man annehmen, dass das oft an der Anreise mit dem Flugzeug liegt, doch dem ist nicht so.
Überraschenderweise liegt der Hauptgrund für den Ressourcenbedarf von Hotel-Reisen nicht bei der Anreise mit dem Flugzeug sondern beim Hotel-Aufenthalt selbst.
Hoher Ressourcenverbrauch in Hotels
Ein typischer Hotel-Aufenhalt ist nämlich extrem ressourcenintensiv. Vielerlei Faktoren, wie z.B.
- immer-frische Handtücher,
- eine Küche, die 24h in Betrieb ist,
- Frühstücksbuffets mit immer warmgehaltenen Speisen, vielleicht noch showcooking
- Abendbuffets mit einem reichhaltigen Angebot, das weit über den Bedarf des Einzelnen hinausgeht
verursachen einen enormen Ressourcenverbrauch.
Übernachtungen im Wohnmobil schonen Ressourcen
Das Wohnmobil kann dies besser. Schon der beschränkte Raum zwingt hier zum “weniger-ist-mehr”. Doch auch ganz generell unterscheidet sich das luxuriöse Hotel-Leben im Stil vom Leben im Wohnmobil. Wäsche wird im Wohnmobil erst dann gewaschen, wenn dies auch wirklich notwendig ist (was entgegen aller Clichés aber nicht heißt, dass es auch dann nicht passiert), und zum Frühstück wird nur das zubereitet, was man tatsächlich auch isst.
[box type=”info”]Bei einer durchschnittlichen Hotel-Übernachtung entstehen 17kg CO2-Äquivalente. Bei einer Nacht im Wohnmobil sind es aber lediglich ca. 1,5kg CO2-Äquivalente.[/box]
Wie das Wohnmobil hilft, CO2 zu sparen
Im Wohnmobil spart man gegenüber Hotelaufenthalten an mehreren Stellen
- Geringer Wasserverbrauch
- Geringer Stromverbrauch (oft auch per Solar erzeugt)
- Keine täglich frischen Handtücher
- Weniger Heizkosten
- Einfacheres Essen. Kaffee und Frühstücksbrot im Wohnmobil sind einfacher, aber auch ressourcenschonender. Ähnliches gilt dann natürlich auch für andere Mahlzeiten.
Da kann der Hotel-Aufenthalt auch dann nicht dagegenhalten, wenn die Anreise per PKW erfolgt.
Was ist nachhaltig am Wohnmobil-Reisen?
Zusammenfassend kann man also sagen, dass bei Reisen mit dem Wohnmobil folgende Punkte zur Nachhaltigkeit beitragen:
- Ressourcenschonende, stationäre Aufenthalte
- Leben näher an der Natur, ohne ressourcenintensiven Luxus
Ein weiterer Grund für nachhaltiges Reisen mit dem Wohnmobil ist jener, dass man Fernreisen eher vermeidet. Langstreckenflüge sind extrem ressourcenintensiv. Wer mit dem Wohnmobil reist, verzichtet üblicherweise darauf.
Was ist weniger nachhaltig am Wohnmobil?
Weniger ressourcenschonend ist hingegen die Anreise. Ein Wohnmobil ist nunmal groß und schwer und weist keine günstigen Aerodynamik-Werte auf. Entsprechend hoch ist der Treibstoffverbrauch, und weite Anreisen führen zu einer ungünstigeren Umweltbilanz.
Nachhaltig Reisen mit dem Wohnmobil – So geht’s!
Wohnmobil-Auswahl und Ausstattung
- Schon bei der Auswahl deines Wohnmobils kannst du natürlich einen Beitrag zum nachhaltigen Reisen leisten. Wenn du möglichst moderne, sparsame und saubere Motoren wählst, tust du der Umwelt einen Gefallen.
Mit dem Wohnmobil nachhaltig on-the-road
- Kurze Anreisen bevorzugen.
- Die Länge der Anreise an die Länge des Aufenthalts anpassen: Vermeide lange Anfahrten für kurze Aufenthalte. Längere Aufenthalte können eine lange Anreise wieder ausbügeln. Wenn du nur wenige Tage Zeit hast, such dir ein Reiseziel in der unmittelbaren Umgebung. Meist kennt man diese ja ohnehin nicht allzu gut!
- Mit der Familie statt alleine reisen: Je mehr Personen gemeinsam reisen, desto günstiger ist aber der Pro-Kopf-Verbrauch.
- Slow Travel stadt Wochenend-Städtereisen. Es mag hip sein, in die nächste Stadt zu jetten, aber Städtereisen am Wochenende sind sehr ressourcenintensiv.
- Überflüssiges Gepäck vermeiden. Nicht benötigtes Gepäck treibt den Verbrauch unnötig in die Höhe.
- Dachträger entfernen wenn nicht benötigt. Ähnliches gilt natürlich auch für Dachträger und Dachboxen.
- Mit dem richtigen Reifendruck zu fahren, spart Sprit!
- Vorausschauend, gleichmäßig und gemächlich fahren!
Nachhaltige Wohnmobil-Aufenthalte
- Wohnmobile benötigen auch bei stationärem Aufenthalt Energie. Anstatt zum Dieselgenerator zu greifen solltest du dir über eine Solaranlage oder eine Brennstoffzelle Gedanken machen.
- Klimaanlage nur dann, wenn unbedingt notwendig verwenden.
Klimaanlagen sind Ressourcenschlucker. Dennoch sieht man am Campingplatz immer wieder Kollegen, die den Innenraum klimatisieren, dabei die Türe aber offenhalten: Ein No-Go. - Heizen nur wenn notwendig. Bei dem beschränkten Raum eines Wohnmobils ist es bei Temperaturen über 4°C nicht notwendig, während Abwesenheit zu heizen. Der Innenraum erwärmt sich bei Bedarf sofort wieder. Ausreichende Dämmung hilft dabei. Allerdings gilt diese Regel nicht bei Temperaturen unter 4°C: Dann öffnen die meisten Heizungs-Frostwächter ein Ventil, und lassen Wasser ablaufen (Schutz vor gefrorenem Wasser).
- Ökologische Stellplätze nutzen.
- Auf das richtige Verhalten in der Natur achten. Dazu gehören z.B. ökologische Sanitärflüssigkeiten/Seifen, und vieles mehr.
Reise-Umweltsünden kompensieren
Du hast alles versucht, und dennoch hast du ein schlechtes Gewissen angesichts deines Ressourcenverbrauchs?
Staaten tun es, Firmen tun es – auch Personen wie du und ich können es mittlerweile tun: Sich von Umweltsünden freikaufen.
So funktionieren Umweltzertifikate
Lassen sich Umweltsünden nicht vermeiden, so engagiert man sich (meist finanziell) für Umweltprojekte um am Ende CO2-Neutralität zu erreichen. In der Praxis kauft man dafür bequem sogenannte “Umweltzertifikate”, um sich über die Details keine Gedanken machen zu müssen. Wohnmobilfahrer können solche Umweltzertifikate direkt beim Treibstoffkauf mitkaufen.
Ob man dies nun gut oder verwerflich findet, es ist sicherlich besser, Umweltprojekte zu unterstützen, als dies nicht zu tun. Vielleicht kann dies auch eine Option für Wohnmobilfahrer sein. Das, was man in die weite Reise nach Marokko investiert, bügelt man per Engagement für Umweltprogramme wieder aus.
Ausgleichsmaßnahmen im Kleinen für Nachhaltiges Reisen
Ausgleichsmaßnahmen können aber bereits im Kleinen und ohne konkrete Zahlungen beginnen. Ich halte es z.B. so, dass ich mir zwar auch eine 2000km weite Anreise für 3 Wochen Urlaub leiste. Würde ich das nicht tun, könnte ich (wie viele andere Berufstätige auch) viele Regionen aufgrund von Zeitmangel gar nicht per Wohnmobil besichtigen. Als Ausgleich versuche ich dann zuhause, auf das Auto bestmöglich zu verzichten, und erledige z.B. Einkäufe mit dem Fahrrad.
Nachhaltig Reisen mit dem Wohnmobil in der Zukunft
Als Studien existieren Elektro-Wohnmobile bereits heute. Mit enormen Kosten und beschränkter Reichweite sind sie derzeit keine echte Option, das könnte sich zukünftig aber ändern. Mehr über das Wohnmobil der Zukunft findest du in diesem Artikel.
Fazit
Wohnmobil-Reisen sind in vielen Fällen nachhaltiger als andere Reiseformen. Dies setzt aber entsprechende Überlegungen seitens der Reisenden, sowie ein entsprechendes Verhalten voraus. Natürlich lässt sich ein Wohnmobil auch unvernünftig einsetzen und das Reisen damit ist dann nicht nachhaltig.
Anlässlich des UN-Jahres des nachhaltigen Tourismus ruft Nathalie von Nathalieontour.ch zur Blogparade “Nachhaltig Reisen” auf. Dies ist mein Beitrag dazu.
Hallo Gerfried,
bzgl. Nachhaltigkeit beim Reisen mit dem Wohnmobil empfehle ich Dir folgenden völlig gegensätzlichen Blogbeitrag. Gerade auch die dort nachfolgende Kommentare (u. a. auch von mir) sind hierbei auch sehr informativ und spannend.
►https://www.bravebird.de/blog/warum-vanlife-nicht-nachhaltig-ist/
BTW: Vielleicht hättest Du ja mal Lust von Blogger zu Blogger über “Camping und die Welt” zu quatschen, dann schreib mir einfach und wir machen einen “Termin” aus. 😉
LG
Volker von UMIWO
Hallo Volker,
danke für deinen Kommentar.
Was den Artikel angeht: Da werden natürlich viele, legitime Problemstellen angesprochen. Ich kritisiere die Arbeit von KollegInnen eigentlich nicht gerne. Insgesamt finde ich halt, dass der Artikel etwas einseitig eine Agenda verfolgt, wohl auch um Aufmerksamkeit zu erregen. Ich bin kein Fan davon, wenn mit “in der Regel”, “meist”, etc. Annahmen als Fakten dargestellt werden, die definitiv nicht auf alle WoMo-Reisenden zutreffen. Vor allem fehlt mir im Artikel aber die Alternative, mit der verglichen wird. Ja, wir verbrauchen Ressourcen, und ja, das darf man hinterfragen. Nur ist es nicht fair, den Wohnmobil-Ressourcenverbrauch der Alternative “kein Ressourcenverbrauch” gegenüberzustellen. In der Praxis werden Menschen ja reisen wollen.
Und ein wenig sauer stößt mir dann schon auf, dass z.B. das Fehlerverhalten einiger Camper das wir ja auch immer wieder anprangern (und dafür auch Prügel der Unbelehrbaren kassieren 😉 oder Massentourismus irgendwie allen Wohnmobil-Reisenden in die Schuhe geschoben wird. Da man aber auch ganz anders reisen kann, und dann einige der grundsätzlichen Annahmen, auf denen die Argumentation des Artikels fußt, nicht mehr stimmen, ist das ein wenig unfair. Das zieht sich durch den ganzen Artikel. z.B.: “Möchten wir … Leuten dabei zusehen, wie sie gerade aus dem Wald von ihrem großen Geschäft zurückkommen” -> Natürlich nicht, aber das ist auch ein Problem mit Leuten, die sich falsch verhalten, und kein Problem mit dem Wohnmobil an sich.
Letzte Woche war am Stellplatz neben uns eine ältere Dame mit ihrem über 30 Jahre alten Wohnmobil in gepflegtem Bestzustand. Die Produktion dieses Wohnmobils ist nun schon länger her, und natürlich ist das kein besonders sauberes Fahrzeug. Aber soll sie sich ein neues kaufen (mit dem entsprechenden Ressourcenverbrauch), für die 5000km, die sie maximal (!) pro Jahr zurücklegt? Ist es nachhaltig, ein funktionierendes Fahrzeug zu verschrotten, obwohl bei der geringen Kilometeranzahl sich auch der Schaden in Grenzen hält? Soll sie stattdessen eine Kreuzfahrt buchen? Es gibt halt immer viel Grau zwischen Schwarz und Weiß.
Am Ende des Artikels kommen ja ziemlich viele gute Tipps – nur ist es ja nicht so, dass diese nur der Autorin bekannt sind und alle anderen sich völlig anders verhalten.
Quatschen – gerne! Ich melde mich.
Ciao
Gerfried