Warum wir kaum Stellplatz-Infos posten, und bei unseren Reiseberichten den Fokus auf das Erlebte, die Geschichten und Fotos legen, anstatt auf GPS-Koordinaten, und was das mit der Verantwortung als Reiseblogger zu tun hat.
Inhalt
Einleitung und Blogparade
Tanja von Takly-On-Tour ruft zu einer Blogparade zum Thema Verantwortung der Reiseblogger gegenüber „Land, Leuten, Umwelt und Lesern“ auf. An dieser wollte ich schon länger teilnehmen, doch die Idee meines Artikels dazu änderte sich im Laufe der Monate immer wieder. Nun aber gibt es akute Anlassfälle, die zum Thema gut passen. Deshalb soll dieser Artikel nicht nur mein Beitrag zur Blogparade sein, sondern auch die immer wieder gestellte Frage nach Stellplatz-Koordinaten beantworten.
„Wo sind die Koordinaten?“
Immer wieder erhalte ich Rückfragen zu unseren Reiseberichten. Wo denn dieser oder jener Platz zu finden sei, ob ich nicht doch Koordinaten posten könne, wollen Leser dann wissen.
Doch kürzlich erreichte mich eine Email, die mich doch ein wenig sprachlos zurück ließ. „Völlig nutzlos“ seien unsere Reiseberichte, da die GPS-Koordinaten nicht vorhanden seien. Das könne man sich gleich sparen, niemanden interessiere das „Geschreibsel drum herum“.
Es gibt keine GPS-Koordinaten am WoMoGuide
Nunja. Vom Tonfall mal abgesehen, hier erstmal die sachliche Antwort auf diesen Vorwurf:
„Lieber Leser: Es handelt sich dabei nicht um ein Versehen, sondern um Absicht. Wer am WoMoGuide Stellplatz-Koordinaten erwartet, ist ganz einfach auf der falschen Website“.
Das handhaben wir aber nicht so, weil wir unseren Lesern das Leben schwer machen wollen, sondern, weil es nicht anders geht. Doch dazu gleich mehr.

Was hat das jetzt mit Verantwortung als Blogger zu tun?
Wir halten es für rücksichtslos, einen schönen Ort zu besuchen, und dann (vielleicht noch in Erwartung, selbst ohnehin nicht mehr wiederzukommen) alle Details darüber zu erzählen, wohl wissend, dass man den schönen Ort damit schädigen wird. Wir versuchen deshalb, einen Kompromiss aus unserer Verantwortung gegenüber Lesern und den besuchten Regionen zu finden.
Wem gegenüber ist man als Blogger verantwortlich?
Nun, seinen Lesern natürlich. Also „her mit den Koordinaten!“, oder wie?
Naja. Man ist als Blogger eben nicht ausschließlich seinen Lesern verantwortlich. Ich zumindest fühle mich auch den bereisten Ländern gegenüber verantwortlich. Der dortigen Natur, Kultur und den Leuten, die dort leben. Auch die sollen durch Reiseberichte idealerweise profitieren, jedenfalls aber nicht geschädigt werden.
Als Blogger Kompromisse finden
Als Blogger ist man natürlich bestrebt, seine Besucherzahlen zu steigern.
Sollte man dementsprechend nicht jedem Wunsch der Leserschaft entsprechen? Sollte man also nicht, wenn 10% der Leserschaft Koordinaten fordern, diese Koordinaten auch posten?
Für mich bedeutet Verantwortung als Blogger, einen für mich verträglichen Kompromiss zu finden. Zwar möchte ich mit dem Blog gewisse Ziele erreichen, mir aber auch noch in den Spiegel schauen können. Einerseits sollen die Anforderungen unserer Leser erfüllt werden, doch andererseits sollen unsere Blog-Beiträge die bereisten Orte nicht schädigen. Auch, wenn es vielleicht dem Traffic schadet, und jene Besucher, die auf der Suche nach Stellplatz-Koordinaten sind, vom womoguide fernhält.
10% Traffic-Verlust, aber die Gewissheit, dass ich und andere einen schönen Ort auch im nächsten Jahr noch besuchen können? Das klingt nach einem sinnvollen Kompromiss für mich.
Über welche Stellplätze wir berichten
Wir posten nur konkrete Informationen zu Stellplätzen, die offiziellen Charakter haben, und die man ohnehin problemlos findet. Sei es, weil sie in Campingführern aufscheinen, eine Website haben oder auch nur an der Hauptstraße groß beschildert sind.

Es handelt sich dann meist um offizielle Wohnmobil-Stellplätze oder Campingplätze. Diese machen nicht nur ohnehin Werbung für sich selbst, sondern werden meist auch in irgendeiner Art und Weise kontrolliert, sodass Fehlverhalten hier bemerkt und abgestellt wird.
Welche Stellplätze wir nicht posten
Wir posten jedoch keine Koordinaten oder detaillierte Anfahrts-Beschreibungen von inoffiziellen oder halb-offiziellen (Frei-)-Steh-Plätzen. Denn dort gibt es die obige Kontrolle nicht, und wozu das führt, beschreiben wir gleich im Anschluss.

Das gilt übrigens auch für Plätze, die man schon in Apps wie Park4Night findet. Man muss die Situation ja nicht schlimmer machen, als sie schon ist.
Was ist so schlimm an GPS-Koordinaten
An den Koordinaten ist nichts schlimm. Am Umgang vieler mit den Koordinaten ist aber einiges auszusetzen. Es ist leider eine traurige Tatsache, dass sich (auch unter den Campern) viele nicht benehmen können.
GPS-Koordinaten führen zu Besucher-Anstieg
Viele Camper nehmen den Weg des geringsten Widerstands, und fahren lieber Koordinaten an, anstatt sich selbst einen schönen Platz zu suchen. Veröffentlicht man also Koordinaten, so steigen die Besucherzahlen an den diesen Orten.
Soviel Getue wegen der paar Camper?
Übertreiben wir da nicht etwas? Was können die paar Camper denn schon anrichten?
Nun: Es sind nicht mehr „ein paar“. Die Branche boomt, wir Wohnmobilisten sind viele. Man könnte meinen: Manchmal zu viele. Und wo viele Menschen sind, sind halt auch immer ein paar dabei, die sich nicht zu benehmen wissen.

Wie es an bekannten Freistehplätzen zugeht
Als Beweis kann man da einen x-beliebigen, bekannten Freistehplatz anfahren, und dort den Müll und die Windeln einsammeln. Geht man ins umliegende Gebüsch, sollte man sehr vorsichtig sein, um da nicht in etwas zu treten, was man nicht unbedingt an seiner Schuhsohle kleben haben möchte.

Da stehen dann Sparfüchse teilweise über Wochen. Wohin der Toiletteninhalt kommt, dürfte dabei klar sein, aber weniger klar und schon gar nicht nachvollziehbar ist, warum sich die Sparfüchse auch den Spaten fürs Vergraben ihrer Hinterlassenschaften sparen.
Das gilt natürlich explizit nicht für alle. Wie immer genügen hier 10% unbelehrbare, um den Ruf der (Frei-)Camper nachhaltig zu schädigen.

Wozu das Verhalten gewisser Camper führt
Wozu das führt, ist klar, und kann so vielfach beobachtet werden.
- Als erstes wird die Freude an einem Freistehplatz an sich getrübt. Müll, Gestank, Toilettenpapier an jedem Gebüsch sorgen nicht für die passende Reisestimmung.
- Der Ruf der Camper wird ruiniert, denn was einige, wenige tun, rückt alle in ein schlechtes Licht.
- Als nächstes organisieren die „Locals“ dann Widerstand gegen Camper. Häufige Polizeikontrollen und Strafen sind meist der erste Schritt.
- Hilft auch das nicht, gibt es schließlich Zufahrtsbeschränkungen. Schranken mit zwei Meter Maximalhöhe verhindern die Zufahrt zu schönen Plätzen für Camper. Da ist es dann auch egal, dass man vielleicht nur tagsüber an einen Aussichtspunkt oder schönen Strandabschnitt fahren wollte. Das geht dann nicht mehr. Der Dank dafür geht an die Chaos-Camper!
Der einzige Weg, schöne Plätze zu schützen
Der einzige Weg, schöne Plätze zu bewahren ist, sie nicht bekanntzumachen. Das mag für den einen oder anderen schade sein. Ich kann durchaus nachvollziehen, dass man zwei Wochen Urlaub für das Verbringen schöner Stunden an schönen Plätzen nutzen möchte, und nicht für die Suche nach diesen Plätzen. Allein: Es geht nicht. Sobald die Plätze im Netz sind, ist es vorbei mit der Idylle, aus den beschriebenen Gründen.
Wie findet man dann solche Stellplätze?
Wir haben heute so viele Möglichkeiten. Google maps, Google earth, Internetforen, Facebook-Gruppen. Vielfach gibt es Hinweise, wo es schön sein könnte, und dann heißt es einfach: Augen auf! Es hilft natürlich, die Stellplatzsuche tagsüber zu erledigen. Wer den Tag mit Sightseeing vollstopft, und dann um 20:00 noch schnell einen idyllischen Übernachtungsplatz suchen möchte, wird meist Pech haben.
Und natürlich gibt es Tage, wo es uns nicht gelingt, einen tollen Stellplatz zu finden. Wo wir irgendwo am Straßenrand übernachten, mit Ausblick auf einen Schotterberg einer nahen Baustelle und Straßenlärm die ganze Nacht. Das ist dann halt so.

Auch unsere Reiseberichte sind deshalb oft ein Kompromiss. Zwar wollen wir über das erlebte berichten, aber oft müssen wir ein paar Details weglassen.
Bekommen Leser die Koordinaten auf Nachfrage?
Manchmal. Das ist eine Sache des Bauchgefühls. Wer uns anschreibt mit „Hast du mal Koordinaten, möchte gratis Urlaub machen“ hat da eher wenig Chancen. Wenn wir Leser schon länger kennen (zum Beispiel über Blog-Kommentare, Email-Austausch und Social Media) und ungefähr wissen, mit wem wir es zu tun haben, stehen die Chancen besser.
Weitere Aspekte der Verantwortung als Reiseblogger
Das ist natürlich nicht der einzige Aspekt der Fragestellung „Verantwortung als Blogger“. Für mich als Wohnmobil-/Reiseblogger ist er aber ein ganz wichtiger.
Weitere Denkanstöße gibt es bei den Kolleginnen und Kollegen, die ebenfalls an Tanjas Blogparade teilgenommen haben:
- So schreibt zum Beispiel Vanessa über den sanften Tourismus und Overtourism
- Sabine schreibt über nachhaltiges und verantwortungsvolles Reisen
- Jasmin und Jan geben Tipps zum nachhaltigen Wandern
- Nicole spricht uns mit ihren Worten zum Slow Travel aus der Seele
Fazit
Wir denken, dass Verantwortung als Reiseblogger auch bedeutet, nicht jedem Wunsch eines jeden Lesers entsprechen zu dürfen. Nämlich dann nicht, wenn das negative Auswirkungen auf die besuchten Orte hätte. Dass es diese negativen Auswirkungen gibt, kann man leider zigfach beobachten. Insofern soll dieser Artikel auch ein Aufruf an alle Camper sein, sich – nicht nur, aber insbesondere beim Freistehen – richtig zu verhalten, damit auch zukünftig die große Freiheit im Wohnmobil noch möglich ist.
Hallo Gerfried,
auch dieser Artikel bekommt von uns die höchsten Punkte, die es gibt und wir haben die Hoffnung, dass sich diese Stellungnahme möglichst alle Chaos-Camper zu Herzen nehmen.
Und nicht nur diese, sondern auch alle, die unsere noch vorhandene Freiheit nicht richtig einschätzen und verstehen.
Die Gier nach gesehen-haben-müssen, nach allen möglichen Apps und GPS-Koordinaten die man haben oder anfahren sollte, verfälscht jeden Urlaub.
Ich empfehle – wer Zeit hat (!) – das Buch von Sten Nadolny: „Die Entdeckung der Langsamkeit“
Wer eilt, sieht nichts, – wer sich einfühlen kann, dem wird gegeben.
Wir hatten in diesem Jahr in unseren 115 Tagen der Reise mit unserem WoMo uns treiben lassen. Ohne vorgegebene Punkte. Wir nennen selbst unter Bekannten keine Stellplätze, sprechen aber gerne über das schöne Erlebte, weil wir zuvorkommend den Leuten gegenüber treten. Ich darf das mit den Worten des Bauern in einer der schönen Regionen Frankreichs sagen, der selbst ein WoMo-Fahrer ist: wer höflich zu mir kommt und meine Landwirtschaft schätzt, hat die Gastfreundschaft des freien Standplatzes.
Keine Koordinaten!!
Hallo Udo,
Ja, wenn alle nur so denken und fühlen würden, wär‘s prima! Fahre 25000 km im Jahr und freue mich immer wieder über viele Neuentdeckungen! Leider gibt es auch zu viele „rookys“, die bei Einheimischen für viel Ärger sorgen und somit Widerstand.
Hallo Gerfried,
super geschrieben! Da könnte ich jeden Satz unterschreiben. Du hast die Problematik so verständlich beschrieben, dass wahrscheinlich auch der anfangs zitierte Mail-Schreiber, wenn er das in Ruhe liest und ein wenig nachdenkt, zustimmen wird. Ich möchte jedem zu Gute halten, dass er auch mal ins Nachdenken kommen und sein Verhalten ändern kann.
Denn ich wäre mir gar nicht so ganz sicher, ob ich nicht früher auch mal ansatzweise so gedacht habe wie er. Die Suche nach Koordinaten von schönen Plätzen ist vielleicht erstmal „normal“, wenn man noch nicht angefangen hat, über die Folgen nachzudenken oder solche noch nicht gesehen/bemerkt hat.
Für mich ist auf jeden Fall das „Geschreibsel drum herum“ das wichtigste an den Blog-Artikeln und der Hauptgrund, deines und andere Blogs regelmässig zu lesen.
Lieber Gerfried,
was für ein toller Beitrag! Du bringst es so ziemlich auf den Punkt und ich finde deine Einstellung super! Wer das jetzt, nach diesem Beitrag nicht versteht, der will es nicht verstehen. Vielen Dank für diesen Beitrag der so genial zu der Blogparade passt! Danke, dass du dabei bist.
Viele Grüße,
Tanja
Hallo Tanja,
danke für dein Feedback und die Organisation der Blogparade.
Auch an den Kommentaren zu diesem Artikel merkt man: Den allermeisten ist das ja alles ohnehin klar, die verhalten sich wahrscheinlich auch richtig. Es ist eine Minderheit, denen man dann leider die Höhenbeschränkungen zu verdanken hat.
Ciao
Gerfried
Ist wohl wie bei den Motorradfahrern: eine Minderheit von Egoisten (ich fahre so laut wie es mir gefällt) sorgt für alle für Streckensperrungen 🙁
Hallo Matthias,
genau so ist es (leider). Gäbe es diese Minderheit nicht, und würden sich alle vernünftig verhalten, dann wäre die Situation nicht so schwierig.
Ciao
Gerfried
Sehr schön und sehr richtig die Natur in Schutz zu nehmen.
Ich habe mir ein Wohnmobil gekauft um der Natur näher zu sein, mit der Natur zu gehen und im besten Fall etwas für die Natur zu tun. Auch wenn es schade ist zu sehen wie manche Menschen mit der Natur umgehen und zu sehen wie sie Dinge tun ohne darüber nachzudenken. Aber es gibt genauso auch sehr viele Menschen denen die Natur genau wichtig ist wie mir selbst. Ihr leistet einen tollen Beitrag und vl Inspiriert das mehr Menschen Achtsamer mit ihrer Umwelt umzugehen, sei es nun die Natur oder die Mitmenschen oder Tiere. Liebe Grüße