Am Vortag haben wir Shkodra unsicher gemacht, doch nun brechen wir vom Camp Legjenda auf. Unser Ziel heißt Berat, die “Stadt der tausend Fenster”. Ein lohnendes Ziel mit dem Wohnmobil?
Inhalt
Warum Berat?
Was wollen wir in Berat? Berat liegt nicht gerade auf unserem Weg in den Süden, denn für Fahrzeuge ohne Allrad liegt Berat in einer Sackgasse. Die Straße SH74 ist bis Berat gut ausgebaut, soll aber nach der Stadt komplett ungewartet und in katastrophalem Zustand sein. Das bedeutet, nach unserem Besuch werden wir umkehren müssen, um unseren Weg in Richtung Tepelenje fortsetzen zu können.
Berat wird auch die Stadt der tausend Fenster genannt. Die Altstadt steht unter Denkmalschutz, Neubauten sind verboten. Und so konnte die Stadt ihr Stadtbild bewahren und gilt heute als eine der schönsten Städte Albaniens. Die Bilder, die wir online gefunden haben, überzeugen uns. Wir wollen also diese schöne Stadt besichtigen, und nehmen dafür gerne einen Umweg in Kauf.
Abfahrt aus Shkodra
Wir fahren in Richtung Süden, an Dürres vorbei, um knapp vor Vlore dann nach Osten nach Berat abzubiegen. Knapp 200 Kilometer beträgt die Strecke, Google veranschlagt drei Stunden für die Fahrt – aber Google hat in Albanien keine Ahnung. Zwar sind wir mit dem Camper ohnehin nicht die allerschnellsten , aber Google würde sich auch mit dem PKW gehörig verrechnen.

Die Fahrt ist mühsam, eine Stunde stehen wir im Stau. Die Fahrweise der Albaner ist hier anstrengend und macht den Stau nicht angenehmer. Es wird gedrängelt, was das Zeug hält. Wer nicht mitdrängelt, bleibt einfach stehen. Spuren werden eröffnet, wo keine sind. Wenn sich auch das nicht mehr ausgeht, beginnen einige, auf dem staubigen Acker neben der straße rechts zu überholen – schließlich stehen alle anderen nur zum Spaß im Stau, nur sie haben es eilig.

Irgendwann sind wir dann aber auf der guten und recht neuen Autobahn in Richtung Durres, und ab nun geht es schnell dahin. Durres lassen wir hinter uns, am Weg nach Berat kaufen wir am Straßenrand gegrillte Maiskolben von einem zahnlosen Verkäufer.
Ankunft in Berat
Als wir in Berat ankommen, möchten wir unsere Vorräte auffüllen. Zum wiederholten Male finden wir keinen normal großen Supermarkt nach unseren westlichen Vorstellungen. Wir landen an einer Theke, wo wir einer Dame mit unserem nicht vorhandenen albanisch erklären, was wir denn gerne hätten. Allzuviel gibt es nicht, und so ziehen wir mit dem nötigsten (Milch, Butter, Wasser) wieder von dannen.
Riverside Camp in Berat
Durch Berat fließt der Fluss Osum, und „am Fluss“ liegt das idyllisch klingende Riverside Camp.

Dem Namen nach hätten wir wieder ein Camp am rauschenden Fluss erwartet. In der Praxis steht man hier an der Straße, der Fluss ist doch etwas weiter weg. Wir sehen ihn überhaupt erst später, als wir von der Festung aus nach unten blicken (siehe Bild oben).

Dennoch fühlen wir uns wohl hier. Zur Begrüßung bekommen wir gleich mal einen Obstteller. Den Camper parken wir unter einem schattigen Carport. Die Sanitäranlagen sind sauber und schön, worauf die Leiterin des Campingplatzes sichtlich stolz ist. Sie witzelt, dass das Männerklo sogar öfter gereinigt werde als jenes der Damen. Das sei nötig, da Männer ihr Geschäft ja im Stehen verrichten. Haha! Es gibt sogar eine Waschmaschine.

Vom Riverside Camp ins Zentrum von Berat
Vom Riverside Camp ins Zentrum von Berat hat man etwa 15 Minuten Gehzeit entlang des Flusses vor sich. Sauber ist der Fluss nicht unbedingt, und der Damm am Fluss ist nicht gerade dicht, doch das sorgt immerhin für gute Fotomotive.
Unweit des Camps kann man die Flussseite wechseln, wenn man das möchte. Bald erspähen wir dann auch schon den Stadtteil Gorica und dessen “tausend Fenster”, die wir bereits aus dem Reiseführer kennen.

Berat und der Tourismus
Berat gefällt uns ausgezeichnet. Hier kennt man Touristen zwar bereits, ist auf sie eingestellt, aber noch nicht von ihnen genervt. Trotz Hochsaison ist alles sehr ruhig und beschaulich. Weil man noch nicht von ihnen überschwemmt wird, freut man sich offensichtlich noch über die Besucher. Mehrmals werden wir in den verwinkelten Straßen von Berat von den Locals gegrüßt und in etwas Smalltalk verwickelt.
Berats Stadtteile
Das historische Berat besteht aus drei Stadtteilen:
- Kalaja, der Festung und dem Stadtteil oben am Berg
- Mangalem, dem Stadtteil unter der Festung
- Gorica, dem Stadtteil auf der anderen Flussseite (von der Festung aus gut zu sehen)
Gorica Mangalem und darüber die Festung
Vom Riverside Camp gelangt man zuerst entweder nach Mangalem, oder Gorica – je nachdem, für welche Flussseite man sich entscheidet. Nach Kalaja hat man einen Fußmarsch in sich, den man früh genug beginnen sollte: Bis man die Aussichtspunkte auf die Stadt auf dem riesigen Festungsareal findet, kann schon etwas Zeit vergehen.
Berats Stadtteil Mangalem
Wir erklimmen die steilen, undurchsichtigen und durch google maps absolut nicht richtig kartographierten Wege des ottomanischen Stadtteils Mangalem und stolpern in einer Sackgasse auf eine Terasse.
Eine ältere Frau betreibt hier eine Kühltruhe. Es gibt drei Tische, ein paar Stühle, aber ansonsten gibt es keine Anzeichen, dass es sich um ein Lokal handeln möge. Kein Schild, keine Karte. Wir fragen, ob wir etwas zu trinken bekommen könnten. Können wir. Plötzlich muss ich meine verschütteten Italienischkenntnisse auspacken, denn die Wirtin kommuniziert nur auf italienisch. Wir genießen die Ausblicke, und folgen dann unseren eigenen Spuren wieder zurück um die nächste Straße in Richtung Schloss zu versuchen.
Die Festung von Berat
Weit geht es nach oben, es ist sehr heiß. Als wir endlich oben sind, möchte ich schnurstracks zur Seite, von wo man den Stadtteil Gorica sieht, um diesen im Abendlicht der goldenen Stunde zu fotografieren.

Wir haben aber nicht mit der Größe der Festung gerechnet – sie ist riesig. Ein ganzes Dorf befindet sich hinter den Mauern, und wir schlagen natürlich nicht auf Anhieb den richtigen Weg ein.
Gerade noch rechtzeitig für ein paar Sonnenstrahlen kommen wir auf der Aussichtsplattform an. Zehn Minuten später liegt Berat im Schatten.

Der Abendspaziergang Xhiro
Wieder herunter von der Festung werfefn wir uns ins Getümmel. Die Hitze verzieht sich schön langsam, Berat erwacht. Die große Promenade ist voller Leute, die hier ihren Xhiro, den Abendspaziergang machen.
Wir kaufen bei einem grummeligen Kaffeeröster Kaffee ein, da wir diesen im Supermarkt nicht bekommen hatten. Das ist ein Erlebnis, doch geschmacklich keine besonders gute Wahl. Der Kaffee ist wohl schon vor Ewigkeiten gemahlen worden, er wird aus einer großen Holzlade geschöpft. In unserer Bialetti-Kanne im Wohnmobil funktioniert er aufgrund des feinen Mahlgrades nicht gut, und schmeckt alt und bitter. Naja, you live and you learn.
Abendessen in Berat
Die Restaurants bereits gut gefüllt, und wir finden erst keinen Platz. Erst in einer Seitengasse ergattern wir dann einen Tisch, und essen ausgezeichnet: Leber mit Käse gebacken und Lammrippen, ein riesiger gemischter Salat dazu, und wir sind glücklich. Zusammen mit dem Hauswein kostet das wieder in etwa 14 Euro zu zweit.
Berat bei Nacht
Anschließend mache ich noch ein paar Fotos von Berat bei Nacht, während Olya Freundschaft mit einem Pferd schließt, dass wir schon Stunden zuvor bemerkt hatten, als es scheinbar herrenlos am Fluss entlangtrabte. Später lassen wir den Abend gemütlich vor unserem Wohnmobil ausklingen.
Weiter nach Süden
Die Waschmaschine ist in der Übernachtungsgebühr am Riverside Camp inkludiert, daher Nutzens ihr die Gelegenheit, und waschen unsere Wäsche. Das Wohnmobil wird reisefertig gemacht, und am frühen Nachmittag brechen wir schließlich auf.
Als nächstes steht ein Verwandten-Treffen in einem kleinen, albanischen Bergdorf am Programm. Wir brechen daher aus Berat auf, fahren zurück in Richtung Küste und dann weiter nach Vasjar.

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